Qualitative Indikatoren für Musikschulen: Ein Leitfaden zur Qualitätssicherung

Geschrieben von Lukas Schönsgibl am 19.10.2023

Einleitung

Getrieben von den jüngsten Diskussionen über Indikatoren zur Qualitätssteigerung im Musikschulwesen – sowie als und als Bedingung für die Förderung im Bundesland Niederösterreich – stellt sich immer wieder die Frage, wie Musikschulqualität in all ihrer Breite definiert werden kann.

Die Qualitätssicherung in Musikschulen ist ein komplexes Unterfangen, das weit über die einfache Messung von Leistung und Erfolg bei Wettbewerben wie "prima la musica" hinausgeht.

Musikschulen sind soziokulturelle, fundamentale Institutionen, die eine ganzheitliche Betrachtung erfordern. Diese sollte sowohl quantitative als auch qualitative Indikatoren berücksichtigen. Während quantitative Metriken wie Abschlussraten der Ausbildungsstufen und das Abschneiden bei Landes-, Bundes- bzw. internationalen Wettbewerben leicht zu messen sind, bieten qualitative Kennzahlen eine tiefere Einsicht in die verschiedenen Aspekte, die die Qualität einer Musikschule ausmachen. 

Qualitative Kennzahlen

Dieser Artikel zielt darauf ab, eine umfassende Übersicht über qualitative Kennzahlen in der Musikschulbildung zu geben und wie diese zur Qualitätssicherung eingesetzt werden können. Als Basis dient die Master Thesis „Musikschulqualität“ in der der Versuch unternommen worden ist anhand von qualitativen Forschungsmethoden unter anderem qualitative Kennzahlen zu ermitteln.[1] Nach einer Erhebung des Status Quo wurde eine Fokusgruppendiskussion durchgeführt. Durch die Auswertung der Transkripte dieser Diskussion wurden Themen und Kennzahlen identifiziert, die als essentielle Faktoren für die Qualität einer Musikschule gelten. 

Folgende qualitative Kennzahlen haben sich dabei besonders herauskristallisiert:

Lehrplan: Grundlagen und Flexibilität

Der Lehrplan ist nicht nur ein Dokument, sondern ein lebendiger Rahmen für den Unterricht. Zu den qualitativen Kennzahlen gehören:

  • Pädagogischer Handlungsspielraum
  • Unterscheidung zwischen allgemeinem und fachspezifischem Teil
  • Stetige Recherche zur Anreicherung der verwendeten Literatur
  • Kontrolle der Umsetzung des Lehrplans durch die Leitung 

Resonanz: Die Verbindung zwischen Lehrer und Schüler

Resonanz im Unterricht ist ein wichtiger Indikator für die Qualität der Lehrer-Schüler-Beziehung. Hierbei diente als Basis die Resonanztheorie von Hartmut Rosa.[2] In diesem Kontext gestellt gehören folgende Faktoren zu den Kennzahlen:

  • Entspannte Grundhaltung im Instrumentalunterricht
  • Eingehen auf Wünsche der Musikschüler:innen
  • Herstellung von Resonanz im Instrumentalunterricht
  • Veranschaulichung durch musikalischen Vortrag
  • Erschaffung einer musikalischen Einheit
  • Erschaffung eines Resonanzdreiecks im Instrumentalunterricht
  • Förderung der Weltbeziehung durch den Instrumentalunterricht
  • Bewusstwerdung von Unverfügbarkeit

Raum: Die physische Umgebung

Die räumliche Umgebung in einer Musikschule kann das Lernklima erheblich beeinflussen. Besonders sei hier die Arbeit „Musikschulräume“ hervorgehoben, welche wichtige Inputs hier liefert.[3]

  • Investition in Ausbau der räumlichen Gegebenheiten
  • Einführung von musikschulspezifischen räumlichen Standards
  • Umsetzung von räumlichen Standards

Wettbewerbe: Mehr als nur Auszeichnungen

Wettbewerbe können sowohl eine Chance als auch eine Herausforderung für Musikschüler:innen sein. Zu den Kennzahlen gehören:

  • Wettbewerbe als Chance für hochtalentierte Schüler:innen begreifen
  • Erfolgreiche Kommunikation der Wettbewerbserfolge nach Außen
  • Bewusstsein über die Gefahren der Drucksituation bei Vorbereitung und Teilnahme 

Lehrerqualifikation und -entwicklung: Das Herzstück der Musikschulbildung

Die Qualifikation der Lehrkräfte ist nicht nur ein Indikator, sondern das Herzstück jeder hochwertigen Musikschulbildung. Neben der fachlichen Expertise ist die pädagogische Kompetenz von entscheidender Bedeutung. Lehrer müssen in der Lage sein, eine inspirierende und fördernde Lernumgebung zu schaffen, die die individuellen Bedürfnisse der Schüler:innen berücksichtigt. Als Basis hierfür dient das Instrumentalpädagogikstudium.

  • Reflexion des eigenen Unterrichts: Die Fähigkeit zur Selbstreflexion ist entscheidend für die kontinuierliche Verbesserung des Unterrichts.
  • Mentale Trainingsmethoden für Hochbegabte: Spezielle Trainingsmethoden sind erforderlich, um die Bedürfnisse hochbegabter Schüler zu erfüllen.
  • Sensibilität für Drucksituationen: Lehrer:innen müssen in der Lage sein, Drucksituationen im Unterrichtsraum zu erkennen und angemessen darauf zu reagieren.
  • Flexibilität in Unterrichtsformen: Die Fähigkeit, den Unterricht an die Bedürfnisse der Schüler anzupassen, ist ein Zeichen für hohe Lehrerqualität.
  • Schaffen eines Nährbodens für resonante Unterrichtserfahrungen: Eine inspirierende und fördernde Lernumgebung ist entscheidend für den Lernerfolg.
  • Verständnis und Einfühlungsvermögen: Diese sozialen Kompetenzen sind unerlässlich für eine effektive Lehrer-Schüler-Beziehung.
  • Aufmerksamkeit der Lehrkraft: Die Fähigkeit, die Bedürfnisse und Reaktionen der Schüler wahrzunehmen, ist ein weiterer wichtiger Indikator für die Lehrerqualität.

Schüler:innenzufriedenheit und -engagement: Der Spiegel der Unterrichtsqualität

Die Zufriedenheit der Schüler:innen ist nicht nur ein viel gepriesenes Ziel, sondern auch ein wichtiger Indikator für die Qualität des Unterrichts. Durch regelmäßige Umfragen und Feedback-Sitzungen können Musikschulen wertvolle Einblicke in die Stärken und Schwächen ihres Angebots gewinnen. 

Fazit 

Die Qualitätssicherung in Musikschulen ist ein komplexes und vielschichtiges Unterfangen, das eine breite Palette von Indikatoren erfordert. Von der Qualifikation der Lehrkräfte über die Zufriedenheit der Schüler bis hin zur Infrastruktur – all diese Faktoren spielen eine entscheidende Rolle. Durch die Berücksichtigung dieser qualitativen Kennzahlen können Musikschulen nicht nur ihre Stärken identifizieren, sondern auch Verbesserungspotenziale aufdecken.

Für eine nachhaltige Verbesserung ist eine Vielzahl von Erhebungen sowie Expertise aus den Bereichen Qualitätsmanagement und Musikschulwesen erforderlich. Zwar lassen sich Kennzahlen, die im politischen Diskurs gut ankommen, schnell finden; eine dauerhafte Verbesserung erfordert jedoch eine akribische und gewissenhafte Auseinandersetzung mit dieser komplexen Thematik.

Quellenverzeichnis

  1. Pöll, Hubert. "MusikschulRÄUME - Positionierung der Musikschule als kulturelle Bildungsinstitution am Beispiel der Musikschule Krems." Atzenbrugg: Musikschulmanagement Niederösterreich GmbH, 2013.

  2. Rosa, Hartmut. "Resonanz - Eine Soziologie der Weltbeziehung." Berlin: Suhrkamp Verlag, 2016.

  3. Schönsgibl, Lukas. "Musikschulqualität: Impulse zum Aufbau von Qualitätsmanagement an Niederösterreichs Musikschulen." Masterthesis, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 2020.


[1] vgl Schönsgibl, Lukas. "Musikschulqualität: Impulse zum Aufbau von Qualitätsmanagement an Niederösterreichs Musikschulen." Masterthesis, Universität für Musik und darstellende Kunst Wien, 2020.

[2] vgl Rosa, Hartmut. "Resonanz - Eine Soziologie der Weltbeziehung." Berlin: Suhrkamp Verlag, 2016.

[3] vgl Pöll, Hubert. "MusikschulRÄUME - Positionierung der Musikschule als kulturelle Bildungsinstitution am Beispiel der Musikschule Krems." Atzenbrugg: Musikschulmanagement Niederösterreich GmbH, 2013.

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